Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach Verdacht der Trunkenheit im Verkehr und die Untätigkeit der Staatsanwaltschaft

Einem Autofahrer wurde durch die Staatsanwaltschaft eine Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB vorgeworfen. Da die Trunkenheit im Verkehr bei deren Nachweis nach § 69 StGB in der Regel wegen der darin liegenden Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen bei Verurteilung zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führt, kommt es häufig in der Praxis vor, dass die Staatsanwaltschaft den Verdächtigen schnellstmöglich von der Straße haben will und daher die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bei Gericht beantragt. Die Staatsanwaltschaft will dann also nicht erst warten, bis das Hauptverfahren vorbei ist, was durchaus lange dauern kann. Spätestens am 22. Oktober 2024 lagen der Staatsanwaltschaft im konkreten Fall dann alle notwendigen Informationen und Beweise vor. Dennoch beantragte die Staatsanwaltschaft erst am 3. Dezember 2024 beim Amtsgericht Kiel die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis. Bis dahin dümpelte die Akte jedoch bei der Staatsanwaltschaft herum, ohne dass weitere Ermittlungen geführt wurden oder sonst etwas in der Sache unternommen wurde. Der Autofahrer war also in der Zwischenzeit weiterhin Auto gefahren und verhielt sich zudem verkehrsrechtlich unauffällig. Es stellte sich nunmehr die Frage, ob es noch verhältnismäßig ist, einem Menschen bereits vorläufig die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn die Staatsanwaltschaft, die eine Gefahr für die Allgemeinheit behauptet, selbst keine Eile zeigt? Der in diesem Fall tätige Verteidiger hatte dies offenbar erkannt und legte seinen Fokus daher genau auf diese Schwachstelle. Das Amtsgericht Kiel lehnte schlussendlich die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis ab (Beschluss vom 20.02.2025 – Az.: 43 Gs 7396/24). Die lange Untätigkeit der Staatsanwaltschaft führte dazu, dass das Gericht die Verhältnismäßigkeit dieses sofortigen Eingriffs anzweifelte. Die sechs Wochen Untätigkeit ließen die behauptete Dringlichkeit und damit die Verhältnismäßigkeit als nicht mehr gegeben erscheinen. Im Ergebnis gilt also wie immer: wer in eine solche Situation kommt, sollte unbedingt keine Angaben zur Sache gegenüber der Polizei machen und umgehend einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt konsultieren.

 

Norman Sgumin

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Strafrecht

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