Die Ausgangsbeschränkungen und Ostern 2020

Ostern 2020 und die Ausgangsbeschränkungen

Entscheidung des Sächsischen Oberverwaltungsgericht Bautzen vom 07.04.2020

Man möchte fast schon sagen, rechtzeitig vor Ostern hat nunmehr ein sächsisches Obergericht zu den Ausgangsbeschränkungen in der SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 Stellung bezogen und so auch den Bürgern wichtige Hinweise zu einigen in der Verordnung enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffen (z.B. zu der Ausnahme – Sport und Bewegung vorranging im Umfeld des Wohnbereichs) mit an die Hand gegeben.

Was war passiert:

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht Bautzen hat am 07.04.2020 unter dem Az. 3 B 111/20 einen einstweiligen Rechtschutzantrag im Normenkontrollverfahren gegen die SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 zurückgewiesen.

Der dortige Antragsteller wandte sich gegen die bestehenden Ausgangsbeschränkungen in Sachsen mit den Argumenten, dass bereits eine Rechtsgrundlage für den Erlass der SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 nicht bestehe und diese Verordnung nicht hinreichend bestimmt und unverhältnismäßig sei. Dies begründete der Antragsteller damit, dass gerade die Zuhilfenahme von Kraftfahrzeugen zur Fortbewegung im Freistaat Sachsen – auch unabhängig von der Ausnahme nach § 2 Abs. 2 Nr. 14 SächsCoronaSchVO für Sport und Bewegung im Freien – weiterhin erlaubt sein müsse, da gerade so gewährleistet werde, dass man sich in menschenleeren Gegenden (wie den sächsischen Wäldern) zur Vermeidung von Ansteckung anderer nicht zum Hausstand gehörender Personen aufhalten könne. Zudem sind alle bereits immunisierten Personen von den Verboten auszunehmen, da diese den Coronavirus weder übertragen noch sich (erneut) infizieren können.

Das Gericht kam in einer summarischen Prüfung zu dem Ergebnis, dass die SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 zwar weitreichende Eingriffe und Beschränkungen in die Freiheitsrechte der Bürger gestattet, die im Ergebnis jedoch dem legitimen und insbesondere befristeten Ziel (bis zum 20.04.2020 – 0.00 Uhr), der Verhinderung weiterer Infektionsfälle, sowie einer möglichst umfassenden medizinischen Versorgung von Personen, die bereits an COVID-19 erkrankt sind, gerecht wird und von daher überschlägig auch dem Verhältnismäßigkeitsgebot entspricht.

In rechtlicher Hinsicht führte das OVG Bautzen aus, dass die SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 gerade unter Berücksichtigung der Änderungen des Bundesgesetzgebers mit dem „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ vom 27.03.2020 (BGBl. 2020 I S. 587 ff.; BT-Drs. 19/18111 – PDF) seine Rechtsgrundlage in den
§§ 28 Abs. 1 S. 1, 32 S. 1 IfSG finde.

Bereits immunisierte Personen seien von der Verordnung aus Praktikabilitätsgründen nicht herauszunehmen, da mangels eines verfügbaren Impfstoffes, der sodann über einen Impfpass gegenüber den betrauten Behörden als verbindlicher Nachweis der Immunisierung vorgelegt werden könne, aktuell nur mit unverhältnismäßigem Aufwand nachzuweisen wäre, dass von den betreffenden Personen keine Ansteckungsgefahr für Dritte ausgehe. Insbesondere fehle es an wissenschaftlichen Belegen, inwieweit eine überstandene Corona-Infektion sich auf die Immunität der jeweiligen Person auswirke.

Auch die Freigabe des Kfz-Verkehrs zur Fortbewegung in Sachsen kann nicht erlaubt werden, da dies möglicherweise zur unübersehbaren Weiterverbreitung des Coronavirus führen könne, wenn die betreffenden Personen notwendige Stopps zum Betanken, zur Befriedigung des Versorgungsbedarfs oder aus verkehrsbeschränkten Gründen (bspw. Verkehrsstau, Pannen) einlegen müssten. Zudem ließen sich damit Infektionsketten weitaus schwerer nachvollziehen.

Der Gesetzgeber geht davon aus, dass nur noch absolut notwendige Freizeitaktivitäten im Freien erlaubt sein sollen, nämlich im Umfeld des Wohnbereiches. Hierbei stellt das Gericht nunmehr eindeutig klar, dass Aktivitäten an Orten im Freien, die nur unter Zuhilfenahme von Kraftfahrzeugen oder des überörtlichen Personennahverkehrs erreicht werden können, nicht mehr erlaubt sind. Das OVG Bautzen geht sogar noch einen Schritt weiter und definiert die räumliche Nähe zum Wohnort mit einem Umkreis von maximal 10 bis 15 Kilometern, wobei es nicht darauf ankommt, ob man dieses Ziel zu Fuß, mit dem Fahrrad oder einem Kraftfahrzeug erreicht.

Auch klargestellt wird, dass nur im Ausnahmefall die Begleitung durch eine weitere, nicht zum Hausstand gehörende Person erlaubt ist, wenn dies auf Grund körperlicher oder sonstiger Gebrechen oder Behinderungen der zu begleitenden Person erforderlich ist, sowie um alleinstehende Personen vor den Folgen einer sozialen Isolierung zu schützen, hierbei insbesondere unter Einhaltung und Beachtung des geltenden Mindestabstandes von 1,5 Metern.

Damit dürfte nunmehr in etwa zumindest klar sein, welchen räumlichen Bereich die Formulierung „im Umfeld des Wohnbereichs“ umfasst.

Fragen unserer Mandanten

Da in der Vergangenheit zahlreiche Fragen an uns herangetragen wurden, was denn nun verboten ist und was nicht, wollen wir nun kurz vor Ostern die Gelegenheit nutzen und noch ein paar Hinweise zu den aktuell in Sachsen bestehenden Ausgangsbeschränkungen und Versammlungsverboten geben.

Empfehlung der Bundesregierung

Vorab wollen wir jedoch nochmals eines klar stellen:

Es gab eine Empfehlung der Bundesregierung an die Länder bzw. eine Einigung zwischen dem Bund und den Ländern, welche Mindeststandards eingehalten werden sollen. Eben jene Empfehlung bzw. Einigung auf Mindeststandards ist das, was in den Medien noch heute häufig als für die gesamte Bundesrepublik Deutschland geltendes Recht vorgestellt wird. Das ist so allerdings nicht ganz richtig.

Nach dem Infektionsschutzgesetz ist die Ergreifung von Infektionsschutzmaßnahmen eben Sache der Länder und nicht des Bundes. Und so kommt es auch, dass eben die Bundesregierung lediglich eine Empfehlung an die Länder geben kann, welche Maßnahmen nach Möglichkeit zu ergreifen sind, um einen bundeseinheitlichen Mindeststandard an Schutzmaßnahmen zu erreichen. Der Bund selbst kann jedoch keine bundeseinheitliche Regelung treffen, sondern die Entscheidung, wann und welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, ist in einem föderalistischen Staat und daran orientierend nach dem Infektionsschutzgesetz eben Sache der Bundesländer. Und so hat jedes Bundesland in Deutschland seine eigenen Regelungen zu den Ausgangsbeschränkungen getroffen. Wenn sich diese auch alle nach den Empfehlungen des Bundes zu den Mindeststandards richten, so haben einige Bundesländer aufgrund ihrer Befugnis dennoch schärfere Maßnahmen ergriffen als andere, z.B. Bayern und eben auch Sachsen. Und wenn die ursprüngliche Empfehlung des Bundes z.B. war, dass Sport und Bewegung nur noch mit einer weiteren Person möglich sein soll (Mindeststandard), so hat Sachsen dies für die Bürger des Freistaates in der Weise verschärft, dass Sport und Bewegung eben nur im Umfeld des Wohnbereiches und auch nur mit dem „Lebenspartner“ oder anderen zum Hausstand gehörenden Personen und nur in Ausnahmefällen mit einer anderen Person erlaubt ist. Und was dies bedeutet, haben wir oben anhand der Entscheidung des OVG Bautzen vom 07.04.2020 dargestellt.

Kurz zusammengefasst lässt sich also sagen, was in Sachsen verboten und was noch erlaubt ist, richtet sich allein nach der SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 und den nebenher noch bestehenden Allgemeinverfügungen des Freistaates Sachsen und nach nichts anderem. Diese Regelwerke sind jederzeit abrufbar unter: https://www.coronavirus.sachsen.de/.

Einzelne Fragen

Und nun zur Klärung einzelner Fragen, die an uns herangetragen wurden:

Frage:

Darf ich meinen Verwandten in Sachsen oder in einem anderen Bundesland einen Osterbsuch abstatten?

Antwort:

Grundsätzlich nein, denn das Verlassen der häuslichen Unterkunft ist ohne triftigen Grund untersagt. Der einfache Besuch von Verwandten zu Ostern ist nach den Regelungen des § 2 Abs. 2 Nrn. 1 bis 15 SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 kein triftiger Grund, es sei denn es handelt sich bei den Verwandten um hilfsbedürftige Menschen, Kranke oder Menschen mit Einschränkungen außerhalb von Einrichtungen.

In den Medien wird berichtet, dass einige Bundesländer die Besuchsregelungen über Ostern lockern wollen. Sachsen gehört nach unseren Informationen nicht dazu. Daher gilt, selbst wenn z.B. Sachsen-Anhalt diese Besuchsregelungen lockern will, dann darf der sächsische Bürger aufgrund der bestehenden sächsischen Regelungen seine Unterkunft dennoch nicht verlassen, denn die Lockerung der Besuchsregelungen eines anderen Bundeslandes über Ostern stellt dann nach den geltenden sächsischen Regelungen noch immer keinen triftigen Grund für das dann erlaubte Verlassen der häuslichen Unterkunft dar.

Frage:

Darf ich mit meiner Familie einen Osterspaziergang machen?

Antwort:

Ja, wenn es sich bei den Familienangehörigen auch um Angehörige des eigenen Hausstandes handelt. Also z.B. mit Tante und Onkel, die 3 Straßen weiter wohnen, zum Osterspaziergang treffen ist nach der klaren Regelung tabu.

Frage:

Darf ich meine Oma oder meinen Opa, die/der nicht mit bei uns zu Hause wohnt, beim Spaziergang begleiten?

Antwort:

Das kommt darauf an, ob ein Ausnahmefall nach § 2 Abs. 2 Nr. 14 SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 vorliegt. Was unter einem solchen Ausnahmefall zu verstehen sein kann, hat die Sächsische Staatsministerin für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt Petra Köpping bereits im Zuge des Erlasses der SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 und nunmehr auch nochmals das OVG Bautzen (s.o.) klar gestellt.

Ist also die Oma oder der Opa nicht mehr in der Lage, ohne Begleitperson das Haus zu verlassen und sich draußen zu bewegen, dann steht dem Spaziergang im Umfeld des Wohnbereichs nichts entgegen. Nach der Formulierung in § 2 Abs. 2 Nr. 14 SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 „…im Ausnahmefall mit einer weiteren nicht im Hausstand lebenden Person,…“ (fette Hervorhebung durch den Verfasser des Artikels) ist aber davon auszugehen, dass dann nicht Oma und Opa zeitgleich beim Spazieren begleitet werden dürfen, sondern jeweils nur einzeln.

Frage:

Darf ich mit anderen Mietern im Haus im Garten oder Hof des Mietshauses zusammen grillen?

Antwort:

Nein. Das lässt sich zwar so nicht aus der SächsCoronaSchVO vom 31.03.2020 herauslesen. Jedoch hat diese Verordnung lediglich die Allgemeinverfügung Ausgangsbeschränkungen vom 22.03.2020 abgelöst. Daneben besteht aber noch eine weitere Allgemeinverfügung, nämlich die „Allgemeinverfügung Vollzug des Infektionsschutzgesetzes – Maßnahmen anlässlich der Corona-Pandemie – Verbot von Veranstaltungen – Bekanntmachung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt vom 31. März 2020, Az.: 15-5422/5“. In dieser heißt es: „1. Öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen sowie sonstige Ansammlungen, bei denen es zu einer Begegnung von Menschen kommt, sowie Versammlungen unabhängig von der Zahl der Teilnehmenden sind untersagt. Badeanstalten sind zu schließen…“ Das gemeinsame Grillen im Garten stellt eine sonstige Ansammlung dar, bei der es zur Begegnung von Menschen kommt.

Wir hoffen, damit wenigstens einen kleinen Überblick und etwas Klarheit geschaffen zu haben. Doch auch hier gilt, der Einzelfall ist entscheidend und im Zweifelsfall sollte rechtlicher Rat gesucht werden.

Nun wünschen wir Ihnen ein schönes Osterfest, auch wenn dieses wohl ein anderes Osterfest als bisher werden wird, und bleiben Sie gesund.

Ihr Team der Hilbert Kampf Sgumin Rechtsanwälte Partnerschaft