Wichtige Gesetzesänderungen im Rahmen der „Corona-Pandemie“

Auszug der Gesetzesänderungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie

Der Gesetzgeber hat in einem noch nie da gewesenen Tempo auf die aktuelle Corona-Pandemie und deren Auswirkungen gesetzgeberisch reagiert. Hier eine ausgewählte Zusammenstellung von Gesetzesänderungen, die teilweise schon gelten und teilweise auch erst ab dem 01. April Wirkungen zeitigen.

Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Notlage von nationaler Tragweite vom 27. März 2020

Artikel 1

unter anderem (u.a.):

Ein neuer Absatz 1 a ist in § 56 IfSG (Infektionsschutzgesetz) eingefügt worden. Dieser regelt:

Werden Betreuungseinrichtungen für Kinder oder Schule von der zuständigen Behörde geschlossen und erleiden die Eltern von Kindern unter 12 und von behinderten Kindern einen Verdienstausfall, dann gibt es Anspruch auf Entschädigung in Geld, wenn keine andere ausreichende Betreuungsmöglichkeit sichergestellt werden kann (nicht für Zeiträume, in denen ohnehin Ferien wären). Dass keine andere ausreichende Betreuungsmöglichkeit sichergestellt werden kann, muss auf Verlangen dargelegt werden, auch gegenüber dem Arbeitgeber.

§ 56 Abs. 2 Satz 4 IfSG wurde ein weiterer Satz angefügt. Dieser regelt, dass die Entschädigung 67 Prozent des entstandenen Verdienstausfalles, max. jedoch 2.016,00 EUR im Monat beträgt.

Diese Regelung gilt gemäß Art. 2 Nr. 1a und Art. 7 Abs. 3 bis 01. Januar 2021.

Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

Artikel 1

§ 1

u.a.

Insolvenzantragspflicht für juristische Personen nach § 15a InsO und für Vereine nach § 42 Abs. 2 BGB werden bis zum 30. September 2020 ausgesetzt – gilt nicht, wenn Zahlungsunfähigkeit nicht auf Ausbreitung Sars-CoV-2 zurückzuführen ist oder wenn keine Aussichten bestehen, eine bestehende Zahlungsfähigkeit zu beseitigen – gilt für KfW Kredite und andere staatliche Förderprogramme (z.B. SAB) auch dann, wenn diese nach dem Aussetzungszeitraum gewährt werden

Es besteht eine Vermutung dafür, dass die Zahlungsunfähigkeit auf „Corona“ zurückzuführen ist, wenn die Zahlungsunfähigkeit zum 31. Dezember 2019 noch nicht bestand – ebenso wird in diesem Fall vermutet, dass eine bestehende Zahlungsunfähigkeit wieder beseitigt werden kann.

Bei natürlichen Personen kann die verzögerte Antragstellung im Zeitraum 01. März 2020 bis 30. September 2020 nicht gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO als Grund für die Versagung einer Restschuldbefreiung herangezogen werden.

§ 2

u.a.

Die Rückgewähr von Darlehen, die im Aussetzungszeitraum gewährt wurden sowie die Bestellung von Sicherheiten hierfür gelten bis 30.09.2023 nicht als Gläubigerbenachteiligung.

§ 3

Bei zwischen dem 28. März 2020 und dem 28. Juni 2020 gestellten Gläubigerinsolvenzanträgen setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits am 01. März 2020 vorlag.

§ 4

Die Bundesregierung wurde ermächtigt, die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und die Regelungen zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen bis höchstens 31. März 2021 durch Rechtsverordnung zu verlängern.

Artikel 2

u.a.

§ 1

Änderung des Aktiengesetz – Versammlungen werden erleichtert – gilt nur für 2020

§ 2

Änderung GmbH-Gesetz – vereinfachte Beschlussfassung (Textform, schriftliche Abgabe der Stimmen auch ohne Einverständnis sämtlicher Gesellschafter) – gilt nur für 2020

§ 3

Änderung Genossenschaftsgesetz – Beschlussfassung auch dann schriftlich oder elektronisch, wenn Satzung dies nicht vorsieht – gilt nur für 2020

Artikel 3

§ 10 des EGStPO (Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung) wird geändert:

Die Unterbrechungsfristen für die strafrechtliche Hauptverhandlung werden für höchstens 2 Monate gehemmt und enden frühestens 10 Tage nach Ablauf der Hemmung – d.h., können die Gerichte begonnene Hauptverhandlungen aufgrund von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus nicht weiter führen, so kommen die Gerichte während der Hemmung nicht in die Lage, die Verfahren aussetzen zu müssen, was einen Neubeginn der Hauptverhandlung zur Folge hätte. Ist die Hauptverhandlung nämlich nur unterbrochen, so kann diese an der Stelle fortgeführt werden, wo diese vor der Unterbrechung endete.

Artikel 4

Dieser geänderte § 10 EGStPO wird zum 27. März 2021 wieder aufgehoben.

Artikel 5

Mit Artikel 5 werden in Art. 240 EGBGB (Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch) zahlreiche Regelungen zu Leistungsverweigerungsrechten aufgrund der COVID-19-Pandemie geregelt, da der Gesetzgeber durch die bestehenden Beschränkungen mit erheblichen Umsatzrückgängen und Zahlungsschwierigkeiten der Betroffenen rechnet. Dies zeigt sich ja auch bereits schon. Da hierdurch viele Menschen oder Unternehmen nicht mehr in der Lage sind oder demnächst sein werden, ihre laufenden Verpflichtungen zu erfüllen und diese dann dennoch die vollen gesetzliche Folgen treffen, obwohl diese unverschuldet nicht zahlen können, hat der Gesetzgeber auch hier abmildernde Regelungen geschaffen.

Um etwa den fortlaufenden Bezug wichtiger Grundleistungen wie Strom, Wasser oder Telekommunikationsdienstleistungen sicherzustellen, enthält das Gesetz zur Abmilderung der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht ein zeitlich befristetes Leistungsverweigerungsrecht für Verbraucher und Kleinstunternehmen (bis 9 Mitarbeiter und 2 Mio. € Jahresumsatz), allerdings nur für wesentliche Dauerschuldverhältnisse.

Dauerschuldverhältnisse sind solche Verträge, die auf längere Dauer – also nicht auf einmaligen Leistungsaustausch – angelegt sind und in denen ständig neue Leistungspflichten entstehen. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind nach dem Gesetz solche, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind. Beispiele für wesentliche Dauerschuldverhältnisse sind daher neben Miet- oder Pachtverträgen (hierfür wurden eigenständige Regelungen geschaffen, s.u.) Verträge über die Lieferung von Strom, Gas oder über Telekommunikationsdienstleistungen.

Verbraucher und Kleinstunternehmen (bis 9 Mitarbeiter und 2 Mio. € Jahresumsatz) haben nunmehr das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs aus einem solchen wesentlichen Dauerschuldverhältnis bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern. Voraussetzung ist hier jedoch jeweils, dass das wesentliche Dauerschuldverhältnis bereits vor dem 08. März 2020 abgeschlossen wurde. Danach abgeschlossene Dauerschuldverhältnisse sind von dieser Privilegierung nicht erfasst, denn diese Abschlüsse erfolgten dann schon in Kenntnis der COVID-19-Pandemie und bedürfen daher keines besonderen Schutzes, so die Gesetzesbegründung.

Verbrauchern steht das oben benannte Leistungsverweigerungsrecht zu, wenn ihnen infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung ihres angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts ihrer unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich wäre.

Kleinstunternehmen steht das Leistungsverweigerungsrecht dann zu, wenn diese infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind, die geschuldete Leistung nicht erbringen können oder wenn diese die Zahlungen doch leisten würden, die wirtschaftlichen Grundlagen des Erwerbsbetriebs gefährdet wären.

Das Leistungsverweigerungsrecht besteht allerdings nicht grenzenlos. Es findet in jedem Einzelfall noch eine Abwägung mit den Rechten des Gläubigers statt. Das Leistungsverweigerungsrecht besteht nämlich dann nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts dem Gläubiger unzumutbar ist, weil es die wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs gefährdet oder zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs führen würde. In diesen Fällen der Unzumutbarkeit für den Gläubiger soll der Verbraucher oder Kleinstunternehmer allerdings zur Kündigung berechtigt sein, damit beide Parteien von den Leistungspflichten freiwerden.

Ein Abweichen von diesen Regelungen zum Nachteil des Schuldners ist dabei unzulässig.

Wichtig ist, dass das Leistungsverweigerungsrecht eine Einrede ist, also von dem Schuldner geltend gemacht werden muss. Das Leistungsverweigerungsrecht entsteht also nicht automatisch. Dabei muss der Schuldner selbstverständlich den Grund für das Leistungsverweigerungsrecht darlegen, also belegen, dass er gerade wegen der Pandemie nicht leisten kann. Folge des Leistungsverweigerungsrechts ist nur, dass die Leistung zeitweilig verweigert werden kann. Nach Ende der vorgesehenen Frist muss die Leistung dann allerdings nachgeholt werden.

Nach der Gesetzesbegründung ist das Leistungsverweigerungsrecht derzeit bis zum 30. Juni 2020 beschränkt. Die Bundesregierung wurde allerdings ermächtigt, die Dauer des Leistungsverweigerungsrechts bis längstens zum 30. September 2020 zu verlängern.

Die Nichtzahlung der Miete oder Pacht im Zeitraum 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 stellt nun trotz Fälligkeit keinen Kündigungsgrund dar. Allerdings muss die Nichtzahlung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Der Zusammenhang zwischen Nichtzahlung und COVID-19-Pandemie ist dabei glaubhaft zu machen.

Auch die Raten für Verbraucherdarlehen die zwischen dem 01. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, werden mit Eintritt der Fälligkeit für 3 Monate gestundet, wenn der Verbraucher aufgrund der durch Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse Einnahmeausfälle hat, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist ihm die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist. Hierüber können allerdings auch abweichende Vereinbarungen getroffen werden.

Kündigungen des Darlehensgebers wegen Zahlungsverzugs, wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers oder der Werthaltigkeit bestellter Sicherheiten sind für den Fall, dass die Voraussetzungen für eine Stundung vorliegen ausgeschlossen. Hierzu darf jedoch keine abweichende Vereinbarung zu Lasten des Verbrauches getroffen werden.

Der Darlehensgeber soll dem Verbraucher darüber hinaus ein Gespräch über die Möglichkeit einer einverständlichen Regelung und über mögliche Unterstützungsmaßnahmen anbieten, auch unter Nutzung von Fernkommunikationsmitteln. Kommt eine einverständliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2020 nicht zustande, dann verlängert sich das Vertragsverhältnis um drei Monate, wobei die Fälligkeit der vertraglichen Leistungen um diese Frist hinausgeschoben wird.

All die vorgenannten Regelungen gelten jedoch auch hier nicht, wenn dem Darlehensgeber die Stundung unter Berücksichtigung des Einzelfalles unzumutbar ist.

Achtung:

Die vorbenannten Regelungen gelten aktuell nur für Verbraucher.

Die Bundesregierung wurde jedoch ermächtigt, den personellen Anwendungsbereich zu ändern, insbesondere auch Kleinstunternehmen (bis 9 Mitarbeiter und 2 Mio. € Jahresumsatz) in den Anwendungsbereich einzubeziehen.

Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutzpaket) vom 27. März 2020

SGB II

Der Gesetzgeber hat in das SGB II (Leistungen zur Grundsicherung) einen neuen § 67 eingefügt. Im Blick hatte der Gesetzgeber hier wohl die vielen Soloselbständigen, die keine ausreichenden Rücklagen haben und denen die Schließung der Geschäfte oder sonstige Umsatzeinbrüche aufgrund der Coronapandemie schlichtweg den Lebensunterhalt entzieht.

§ 67 Abs. 1 SGB II lautet:

(1) Leistungen für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2020 beginnen, werden nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 erbracht.

Erläuterung:

Damit wird klargestellt, dass die folgenden Regelungen lediglich für die Personen bzw. Bedarfsgemeinschaften anzuwenden ist, deren Leistung in der Zeit zwischen dem 01. März 2020 und dem 30. Juni 2020 beginnt. Bezieht also jemand bereits seit einem Zeitpunkt vor dem 01. März 2020 Leistungen nach dem SGB II, dann gelten diese Regelungen nicht.

§ 67 Abs. 2 SGB II lautet:

(2) Abweichend von den §§ 9, 12 und 19 Absatz 3 wird Vermögen für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Satz 1 gilt nicht, wenn das Vermögen erheblich ist; es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt.

Erläuterung:

Abs. 2 regelt nunmehr ein wesentlich vereinfachtes Verfahren bei der Berücksichtigung von Vermögen für die Bewilligungszeiträume nach Abs. 1. Die Prüfung, ob erhebliches verwertbares Vermögen vorliegt, ist insbesondere bei Erstanträgen oft sehr aufwändig. Die Prüfung kann daher erhebliche Zeit in Anspruch nehmen. Nunmehr beschränkt sich die Vermögensprüfung auf eine Eigenerklärung der Antragsteller, wobei keine erheblichen Vermögenswerte vorhanden sein dürfen. Was erhebliche Vermögenswerte sind, lässt der Gesetzgeber allerdings offen. Hier wird es sicher Klärungsbedarf geben. Nach Ablauf von sechs Monaten werden Leistungen unter Berücksichtigung von Vermögen nach den üblichen Vorschriften erbracht.

§ 67 Abs. 3 SGB II lautet:

(3) § 22 Absatz 1 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten. Nach Ablauf des Zeitraums nach Satz 1 ist § 22 Absatz 1 Satz 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum nach Satz 1 nicht auf die in § 22 Absatz 1 Satz 3 genannte Frist anzurechnen ist. Satz 1 gilt nicht in den Fällen, in denen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkannt wurden.

Erläuterung:

Abs. 3 regelt damit die Anerkennung von Bedarfen für Unterkunft und Heizung (KdU) für die Bewilligungszeiträume nach Abs. 1. Dabei entfällt die Prüfung der Angemessenheit der Aufwendungen für einen Zeitraum von sechs Monaten. Es wird bei allen von der Regelung nach § 67 SGB II Betroffenen vermutet, dass die Mietkosten angemessen sind. Nach Ablauf von sechs Monaten findet die Frist des § 22 Abs. 1 S. 3 SGG II Anwendung. Danach werden die tatsächlichen Mietkosten, auch soweit sie unangemessen sind, weiter als Bedarf anerkannt, solange es den Leistungsberechtigten nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Kosten zu senken – in der Regel jedoch höchstens für sechs (weitere) Kalendermonate. Wurde der Leistungsberechtigte jedoch schon vor dem 01. März 2020 vom JobCenter zur Senkung der Mietkosten aufgefordert, bleibt es bei der Regelung nach § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II.

§ 67 Abs. 4 SGB II lautet:

(4) Sofern über die Leistungen nach § 41a Absatz 1 Satz 1 vorläufig zu entscheiden ist, ist über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abweichend von § 41 Absatz 3 Satz 1 und 2 für sechs Monate zu entscheiden. In den Fällen des Satzes 1 entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abweichend von § 41a Absatz 3 nur auf Antrag abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch.

Erläuterung:

Werden Leistungen von selbständig tätigen Personen, insbesondere von Kleinunternehmern und sogenannten Soloselbständigen beantragt, ist in der Regel über den Leistungsanspruch nur vorläufig zu entscheiden, da die tatsächlichen Einnahmen sich oft erst im Nachhinein tatsächlich feststellen lassen. Bei dieser Entscheidung sind die Leistungen nach § 41a Absatz 2 Satz 2 SGB II so zu bemessen, dass der monatliche Bedarf der Leistungsberechtigten zur Sicherung des Lebensunterhalts gedeckt ist. Hierbei sind die im Zeitpunkt der Entscheidung bekannten und prognostizierten Verhältnisse zu Grunde zu legen (§ 41a Absatz 2 Satz 3 SGB II).

Eine Entscheidung erfolgt nach § 41 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 SGB II regelmäßig für einen Bewilligungszeitraum von sechs Monaten; allerdings lassen Ermessensregelungen auch eine abweichende Länge der Bewilligung zu. Mit § 67 Abs. 4 S. 1 wird nunmehr geregelt, dass über den Anspruch vorläufig stets für sechs Monate zu entscheiden ist. Damit können die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Bewilligung auch dann nicht auf weniger als sechs Monate verkürzen, wenn sie nach einigen Monaten eine Verbesserung der Einkommenssituation erwarten. Bei der Entscheidung sollte in Bezug auf die prognostizierten Verhältnisse nur eine vereinfachte Plausibilitätsprüfung erfolgen, um eine möglichst schnelle und unbürokratische Leistungsbewilligung zu gewährleisten.

Mit § 67 Abs. 4 S. 2 werden Leistungsberechtigte und Jobcenter von der normalerweise nach Ablauf des Bewilligungszeitraums durchzuführenden Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum entlastet. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn sich die Einkommensverhältnisse besser als prognostiziert entwickelt haben. Die betroffenen Leistungsberechtigten haben damit die Sicherheit, für sechs Monate eine verlässliche Hilfe zum Lebensunterhalt zu erhalten.

Hat sich die Einkommenslage im Bewilligungszeitraum hingegen schlechter als prognostiziert dargestellt, können die leistungsberechtigten eine Prüfung und abschließende Entscheidung beantragen. In diesem Fall wird über den Leistungsanspruch nach Prüfung der tatsächlichen Verhältnisse im Bewilligungszeitraum abschließend entschieden. Dieser Antrag muss innerhalb der Frist nach § 41a Absatz 5 SGB II (ein Jahr nach Ablauf des Bewilligungszeitraums) gestellt werden.

§ 67 Abs. 5 SGB II lautet:

(5) Für Leistungen nach diesem Buch, deren Bewilligungszeitraum in der Zeit vom 31. März 2020 bis vor dem 31. August 2020 endet, ist für deren Weiterbewilligung abweichend von § 37 kein erneuter Antrag erforderlich. Der zuletzt gestellte Antrag gilt insoweit einmalig für einen weiteren Bewilligungszeitraum fort. Die Leistungen werden unter Annahme unveränderter Verhältnisse für zwölf Monate weiterbewilligt. Soweit bereits die vorausgegangene Bewilligung nach § 41a vorläufig erfolgte, ergeht abweichend von Satz 3 auch die Weiterbewilligungsentscheidung nach § 41a aus demselben Grund für sechs Monate vorläufig. § 60 des Ersten Buches sowie die §§ 45, 48 und 50 des Zehnten Buches bleiben unberührt.

Erläuterung:

Normalerweise werden SGB II-Leistungen nur auf Antrag und für einen bestimmten Zeitraum erbracht und es muss nach Ablauf des Bewilligungszeitraums ein Folgeantrag gestellt werden. Mit der befristeten Regelung wird eine Weiterbewilligung unter Annahme unveränderter Verhältnisse ermöglicht. Es muss also kein neuer Antrag gestellt werden, wenn die aktuelle Bewilligung in der Zeit zwischen dem 31. März 2020 – 31. März 2020 endet.

Ist die Bewilligung für den Zeitraum, welcher dem Weiterbewilligungszeitraum vorausgeht, vorläufig gemäß § 41a ergangen, ergeht auch die Entscheidung zur Weiterbewilligung vorläufig. Der Grund für die ursprüngliche vorläufige Entscheidung gilt für die Weiterbewilligung fort.

§ 67 Abs. 6 SGB II lautet:

(6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates den in Absatz 1 genannten Zeitraum längstens bis zum 31. Dezember 2020 zu verlängern.

SGB VI

Auch Regelungen im SGB VI wurden geändert. So wurde § 302 SGB VI ergänzt um einen Absatz 8. Dieser lautet:

(8) § 34 findet in der Zeit vom 1. Januar 2020 bis 31. Dezember 2020 mit den Maßgaben Anwendung, dass

1.
der Betrag von 6.300 Euro durch den Betrag von 44.590 Euro ersetzt wird und

2.
der Hinzuverdienstdeckel keine Anwendung findet.

Erläuterung:

Damit können Rentner im Jahr 2020 statt bisher 6.300,00 EUR nunmehr 44.590,00 EUR hinzuverdienen, ohne ihren Anspruch auf die Vollrente zu verlieren.

Damit soll die ausgewählte Zusammenstellung der aktuellen Gesetzesänderungen enden. Einige dieser Regelungen sind von sich aus verständlich, andere bedürfen ggf. im Einzelfall einer genaueren rechtlichen Betrachtung und daher ggf. auch einer individuellen rechtlichen Beratung.

Wir wünschen Ihnen alles Gute. Wir werden gemeinsam durch diese Krise kommen. Bleiben Sie vor allem gesund!!!

Ihr Team der Hilbert Kampf Sgumin Rechtsanwälte Partnerschaft